Sexualisierte Gewalt ist leider sehr häufig. Jedes vierte Mädchen ist in Deutschland schon einmal Opfer von sexualisierter Gewalt geworden. Trotzdem denken viele Mädchen, dass nur ihnen so etwas passieren würde. Manche denken dann auch, dass mit ihnen selbst etwas nicht stimmt. Denn über dieses Thema wird immer noch viel zu wenig gesprochen. Oft ist das, was sie erleben, auch nicht direkt als „Gewalt“ benennbar, weil es sich dabei nicht um körperliche Gewalt handelt. Gewalt fängt aber nicht erst bei einer Vergewaltigung an.
Sexualisierte oder sexuelle Gewalt umfasst alle Arten von Übergriffen mit sexuellem Inhalt. Das beginnt schon mit anzüglichen Sprüchen, abwertenden Gesten oder unangenehmen Blicken. Auch Umarmungen, Streicheln oder Berührungen können dazugehören. Eine Form von Gewalt ist jede Art von Körperkontakt, den du selbst nicht möchtest und der deine eigenen Grenzen überschreitet. Niemand darf dich ohne deine Zustimmung anfassen. Du musst keine Berührung ertragen, die dir unangenehm ist. Niemand darf mit dir über Sexualität reden, wenn du das nicht willst. Niemand darf dir Pornobilder oder Filme mit sexuellen Inhalten zeigen, wenn du sie nicht sehen willst. Auch wenn du „mitgemacht“ hast, ist das kein Grund, dich zu schämen: Eine Form von Gewalt ist es auch, wenn Mädchen sich so bedrängt fühlen, dass sie Dinge tun, die sie eigentlich nicht wollten. Die Verantwortung für diese Taten liegt immer beim Täter!
Sexualisierte Gewalt hat viel mit Macht zu tun. Die Täter (oder, wenn auch viel seltener, Täterinnen) wollen mit sexualisierter Gewalt Macht über dich ausüben, ohne Rücksicht auf deine eigenen Wünsche zu nehmen.
Sexualisierte Gewalt geht in den meisten Fällen nicht von fremden Männern auf der Straße aus, vor denen Mädchen oft von klein auf gewarnt werden. Viel häufiger stammen die Täter aus dem Umfeld der Mädchen. Es können Nachbarn, Lehrer, Trainer, Bekannte, Verwandte oder auch Familienmitglieder sein. Oft sind die Täter Erwachsene. Sexualisierte Gewalt dieser Art wird oft „sexueller Missbrauch“ genannt. Wir vom Frankfurter FeM-Mädchenhaus finden diesen Ausdruck aber nicht gut und benutzten ihn deshalb nicht gern. Denn ein Mädchen ist schließlich keine Sache, das man zu irgendetwas „gebrauchen“ oder eben „missbrauchen“ (also falsch gebrauchen) kann – so wie es „Alkoholmissbrauch“ oder „Medikamentenmissbrauch“ gibt. Das Wort „Missbrauch“ ist selbst schon eine Form von Gewalt, weil es Mädchen nicht wie selbstbestimmte Menschen, sondern wie Dinge benennt. Deshalb sprechen wir auch bei sexuellen Übergriffen, die von Erwachsenen aus dem Umkreis von Mädchen begangen werden, von „sexualisierter Gewalt“.
Aber auch von Gleichaltrigen kann Gefahr ausgehen. Sehr verbreitet, aber vielen nicht bewusst ist „Teen Dating Violence“, also Gewalt, die Mädchen erleben, wenn sie sich mit Jungen verabreden oder Beziehungen zu ihnen eingehen. Gewalt ist es dabei auch, wenn jemand dich unter Druck setzt, wenn jemand versucht, dich zu kontrollieren, deine SMS oder Telefonanrufe verfolgt, dich beschimpft, bedroht oder beleidigt.
Wenn Mädchen sexualisierte Gewalt erleben, empfinden sie häufig Angst oder Wut. Oft fällt es ihnen schwer, mit anderen darüber zu sprechen. Oft versuchen die Täter auch ganz bewusst, ihnen Angst zu machen, damit sie anderen nichts erzählen. Kein Wunder, denn jede Form von sexueller Gewalt ist strafbar!
Wenn du ein Mädchen kennst, um das du dir Sorgen machst oder wenn du selbst Unterstützung in einer solchen Situation suchst, dann kannst du hier in der Onlineberatung Kontakt zu uns aufnehmen. Wir beraten dich anonym und vertraulich.