Seelische Gewalt

Dass Mädchen und Jungen ein Recht auf ein gewaltfreies Leben haben, gilt nicht nur für körperliche, sondern auch für seelische Gewalt. Seelische Gewalt ist nicht so leicht erkennbar wie körperliche Gewalt, aber sie kann genauso wehtun – oder sogar noch mehr.

Viele Mädchen und Jungen werden zum Beispiel von Erwachsenen als dumm oder faul beschimpft. Die Erwachsenen geben ihnen das Gefühl, weniger wert zu sein. Das ist seelische Gewalt. Dazu gehört auch, wenn Kinder vernachlässigt werden, wenn sie unterdrückt werden, wenn ihre Grenzen und ihre Privatsphäre nicht beachtet werden, wenn ihr Wille und ihre Meinung nicht zählt, wenn Druck auf sie ausgeübt wird.

„Kinder haben das Recht auf eine Familie, auf elterliche Fürsorge und ein sicheres Zuhause“ heißt eines der Grundrechte von Kindern (mehr dazu findest du unter dem Stichwort „Kinderrechte/Mädchenrechte“). Wenn dieses oder andere Grundrechte von Kindern verletzt werden, ist das seelische Gewalt. Leider sehen Familien nicht immer so aus, wie dieses Recht es vorsieht. Es kann zum Beispiel vorkommen, dass Eltern psychisch krank sind und ihre Elternrolle deshalb nicht gut ausüben können. Dann kann es passieren, dass Kinder Aufgaben übernehmen müssen, die Kinder nicht haben sollten. Eltern müssen für ihre Kinder da sein, nicht umgekehrt. Väter und Mütter müssen zum Beispiel dafür sorgen, dass die Kinder gesund und sicher aufwachsen, ohne sich um Dinge wie Wohnung, Geld, Nahrung, Kleidung sorgen zu müssen. Wenn die Erwachsenen Streit mit jemandem haben, müssen sie den unter sich austragen, sie dürfen von Kindern nicht verlangen, Stellung zu beziehen oder gar den Streit zu schlichten.

Aber wenn Mütter oder Väter das alles aus irgendeinem Grund nicht schaffen, kann es sein, dass sie von ihren Kindern Hilfe erwarten. Die Rollen von Eltern und Kindern vertauschen sich dann. Den Kindern werden Sorgen und Verantwortung aufgebürdet, die sie sehr belasten und ihr Leben schwer machen. Sie werden um ihre Kindheit betrogen. Das wird „Parentifizierung“ genannt. Es ist auch eine Form von seelischer Gewalt. In solchen Fällen ist es wichtig, dass die Familie Hilfe bekommt.

Seelische Gewalt kann aber nicht nur von Eltern oder anderen Erziehungspersonen ausgehen, sondern auch von Gleichaltrigen oder Beziehungspartner_innen. Sie führt dazu, dass du dich schlecht, klein und abhängig fühlst, dass du Angst hast, verzweifelt und mutlos bist. Sie kann auch zu körperlichen Krankheiten führen. Es ist oft nicht leicht, sich aus Beziehungen zu lösen, die mit seelischer Gewalt verbunden sind.

Aber du hast das Recht auf ein glückliches, selbstbestimmtes Leben. Niemand hat das Recht, dir seelische Gewalt zuzufügen. Und wenn dir das passiert, bist du niemals daran schuld. Immer tragen die Täter_innen die Schuld an seelischer Gewalt. Sie ist aber schwerer nachzuweisen und damit auch schwerer zu bestrafen als körperliche Gewalt.

Wenn du von seelischer Gewalt betroffen bist, dann sprich mit einem Menschen, dem du vertraust. Du kannst auch hier in der Onlineberatung Kontakt zu uns aufnehmen. Wir beraten dich anonym und vertraulich.