Pick-up-Artists

Ein Pick-up-Artist (auch PUA genannt) ist ein Mann, der sich selbst als Meister in der Kunst sieht, Frauen aufzureißen und ins Bett zu kriegen – auch, wenn sie das eigentlich nicht wollen. Seit 20 Jahren gibt es weltweit eine immer größer werdende Pick-up-Szene: Männer lernen dort in Seminaren, wie sie Frauen und Mädchen am besten verführen können, und tauschen sich in Gruppen, Internetforen (und in den USA sogar in Fernsehshows) darüber aus. Vereinzelt gibt es zwar auch Pick-up-Coachings für Frauen, aber das Ganze ist vor allem eine Männerbewegung – mit stark frauenfeindlichen Zügen.

Grundsätzlich ist nichts dagegen zu sagen, wenn Männer (oder auch Frauen) lernen wollen, wie man am besten flirtet und eine_n Partner_in findet. Ob für eine Nacht oder für das ganze Leben, bleibt dabei jeder und jedem selbst überlassen – solange die Partnerin oder der Partner dasselbe will.

Teilweise geht es auch in der Pick-up-Szene darum, Schüchternheit zu überwinden und jemanden kennenzulernen. Das Problem mit dieser Szene ist aber, dass dort alte, stereotype, krass frauenfeindliche Männer- und Frauenbilder aus der Versenkung geholt werden. Frauen, so die Pick-up-Lehre, fahren am meisten auf solche Männer ab, die echte Alpha-Männer sind: also die stärksten, dominantesten, durchsetzungsfähigsten. Und Frauen, die auf solche Männer abfahren, sind in dieser Sichtweise unterwürfige Wesen, wenn sie einen Mann treffen, der die Führung übernimmt. Die Pick-up-Bewegung stützt sich dabei auf (pseudo-)wissenschaftliche Thesen, z. B. aus der Verhaltensbiologie. Vorbilder sind etwa die Alpha-Männchen bei den Gorillas, bei denen das stärkste Männchen das Leittier ist und sich als einziges paaren darf – mit allen Weibchen in der Gruppe.

In solchen Pick-up-Coachings geht es darum, sich selbst möglichst dominant und selbstbewusst darzustellen, um so besser auf Frauen zu wirken. Frauen werden „Pick-up Cats“ (also „Katzen zum Aufreißen“) genannt und in verschiedene Typen eingeteilt. Die Methoden, mit denen sie verführt werden sollen, reichen von Tipps, wie man sie am besten anspricht, ihre Reaktionen am besten versteht oder dafür sorgt, dass sie sich wohlfühlen, bis hin zu psychologischen Methoden, um ihren Willen auszuschalten. Dazu gehören Techniken, um Frauen und Mädchen zu manipulieren, Kontrolle über ihre Gefühle und ihr Bewusstsein zu bekommen und sie dazu zu bringen, Sex mit einem Mann zu haben, obwohl sie das nicht wollen. Mit anderen Worten: Männer lernen dort, sexuelle Gewalt auszuüben. Manchmal sogar ganz unverhüllt, durch reine Brutalität und Gewalt.

2014 ist das Thema Pick-up-Artists hochgekocht, weil ein Mädchen, Jennifer Li, im Internet krass frauenfeindliche Äußerungen und Videos von einem Pick-up-Trainer gesehen hatte, über die sie so wütend war, dass sie auf Twitter davon berichtete. In den Videos empfahl er zum Beispiel, Frauen anzuschreien, um sie abzulenken, sie sich dann einfach zu greifen und ihr Gesicht zwischen seine Beine zu drücken, wie zum Oralverkehr – und führte das in Live-Situationen vor. „Ich lief durch die Straßen und zog ihre Köpfe zu meinem Schwanz', erzählt er in einem Video seinen Seminarteilnehmern – die gebannt zuhören. Er veröffentlichte Bilder, die ihn zeigen, wie er eine junge Frau würgt, und gibt damit an, wie er Frauen zum Sex gezwungen hat – sie also vergewaltigt hat.

Jennifer hatte großen Erfolg mit ihren Tweets. Weltweit herrschte Empörung über die sexistischen und menschenverachtenden Praktiken des Pick-up-Trainers. Das ging so weit, dass er in Zeitschriften als „meistgehasster Mann der Welt“ bezeichnet wurde. In Australien erhielt er Einreiseverbot, als er dort seine Seminare anbieten wollte, und auch in Deutschland wurde dazu aufgerufen, für seine Seminare – die „Bootcamps“ genannt werden – keine Räume mehr zur Verfügung zu stellen. Aber dieser Trainer ist keineswegs ein Einzelfall, er arbeitet für eine von vielen Pick-up-Firmen, die massenhaft Trainer von seiner Art ausbilden und beschäftigen. Auch in Deutschland sind diese Seminare ein großes Geschäftsfeld geworden, für das Männer aller Altersgruppen viel Geld ausgeben.