Essstörungen

Im Fernsehen, im Kino, in Zeitschriften und Werbeprospekten wimmelt es von Frauen, die ungewöhnlich schön sind. Oft sehen sie sehr ähnlich aus, fast verwechselbar, wie geklont: jung, groß, sehr schlank, lange Haare, schmales Gesicht, große Augen, lange Beine. Du brauchst dich nur auf jeder beliebigen Straße umzusehen, um festzustellen: Die absolute Mehrheit der Frauen und Mädchen sieht völlig anders aus. Nicht so schön und schlank, aber dafür vielfältiger, abwechslungsreicher, mit vielen verschiedenen Merkmalen, Eigenschaften und Persönlichkeiten, die sie besonders, interessant und liebenswert machen können – ganz unabhängig davon, wie hübsch sie sind. Diese Frauen sind die Realität, nicht die Frauen in Filmen und Werbung. Aber die Models und Schauspielerinnen verkörpern das gängige Schönheitsideal. Viele Mädchen wollen so aussehen wie sie. Oft auch deshalb, weil viele Männer und Jungen von ihren Partnerinnen solche „Modelmaße“ erwarten. Dieses Schönheitsideal liegt aber weit unter dem Normalgewicht. Der Preis, den Models und Schauspielerinnen dafür zahlen, ist ständiger Hunger.

Der Blick auf dieses Ideal kann den Blick auf die Realität verzerren und auch sehr ungesund sein. Verglichen mit diesen „Vorbildern“ fühlen sich viele Mädchen und junge Frauen zu dick. Sie machen Diäten und viel Sport, um dünner zu werden. Sie fühlen sich in ihrem Körper nicht mehr wohl, stehen ihm feindselig gegenüber, fühlen sich fehlerhaft. Bereiche wie Bauch, Brust, Po und Oberschenkel werden zu „Problemzonen“ erklärt.

Nicht jedes Mädchen, das schlank sein möchte, hat automatisch eine Essstörung. Aber es kann in Gefahr sein, eine Essstörung zu bekommen. Solche Essstörungen können den Körper so schädigen, dass sie bis zur Lebensgefahr gehen. Oft merken die Betroffenen das gar nicht selbst.

Essstörungen entwickeln sich oft dann, wenn zum veränderten Essverhalten noch andere Probleme dazukommen. Zum Beispiel Selbstzweifel, ein geringes Selbstwertgefühl, Spannungen in der Familie, Trennungen, Niederlagen oder Druck von anderen. Essstörungen können Lösungsversuche für seelische Probleme sein, ein Ersatz für verdrängte Gefühle und Bedürfnisse oder ein stummer Protest.

Es wird zwischen vier verschiedenen Essstörungen unterschieden, die alle ineinander übergehen oder sich abwechseln können – die Grenzen sind fließend:

Magersucht (Anorexie)

Mädchen, die an Magersucht leiden, essen so wenig wie möglich, weil sie dünner sein möchten, als sie sind. Sie haben dabei oft eine verzerrte Sicht auf die Realität: Wenn sie in den Spiegel schauen, finden sie sich immer noch viel zu dick, obwohl alle anderen längst der Meinung sind, dass sie viel zu dünn sind. Mädchen, die Magersucht haben, leiden zunehmend an Unterernährung und Mangelerscheinungen, weil ihrem Körper Nährstoffe fehlen. Sie selbst wollen das aber nicht wahrhaben. Es versetzt sie in Hochstimmung, zu sehen, wie groß ihre Willenskraft und ihre Kontrolle über ihren Körper ist. Aber das wird zunehmend lebensgefährlich.

Bulimie

Bulimie tritt häufig im Zusammenhang mit Magersucht auf. Aber wenn Mädchen eine Bulimie entwickeln, essen sie ganz normale Mengen oder haben sogar Heißhungerattacken, bei denen sie sehr viel essen. Direkt nach dem Essen erbrechen sie dann heimlich in der Toilette, um das Essen wieder loszuwerden. Das kann mehrmals am Tag passieren. Wie bei der Magersucht treiben Mädchen auch bei einer Bulimie oft besonders viel Sport. Auch diese Essstörung ist auf Dauer sehr gefährlich und kann zu weiteren körperlichen und seelischen Erkrankungen führen. Auf das Erbrechen folgen oft depressive Stimmungen.

Binge-Eating-Störung

Auch Mädchen, die an einer Binge-Eating-Störung leiden, haben regelmäßig Heißhungerattacken. Anders als bei der Bulimie „vertuschen“ sie die Folgen aber nicht, indem sie heimlich erbrechen oder fanatisch Sport treiben. Manchmal hungern Mädchen vor den Essattacken und behalten deshalb trotz einer Binge-Eating-Störung ihr Normalgewicht. Aber oft werden sie auch übergewichtig. Das kann bis zur vierten Essstörung führen, zu einer Adipositas.

Adipositas (Fettleibigkeit)

Bei einer Adipositas hat das Körpergewicht ungesunde Ausmaße erreicht. Das Übergewicht ist so groß, dass es den Körper schädigen und krankmachen kann, zum Beispiel durch die Krankheit Diabetes. Trotz des Übergewichts essen Mädchen, die an Adipositas leiden, weiterhin zu viel, oft aus Sorge oder Kummer. Da das Übergewicht eine große seelische Belastung darstellt, die wiederum zum Essen reizt, entsteht ein Teufelskreis, aus dem die Betroffenen allein nur schwer herauskommen.

Dieser Teufelskreis tritt auch bei den anderen Essstörungen häufig auf: Je mehr die Essstörung die Seele belastet, desto stärker haben die Betroffenen das Bedürfnis nach ihrem veränderten Essverhalten, das wie eine Sucht wirkt.

Das Wichtigste für Menschen, die an einer Essstörung leiden, ist, dass sie lernen, sich selbst wieder liebevoll anzunehmen. Ihre eigenen Bedürfnisse zu erkennen und wieder richtig für sich selbst zu sorgen, statt in die Ersatzbefriedigung des Essens oder Hungerns zu flüchten. Das ist oft ein langer, schwerer Weg. Dazu ist es vor allem nötig, der Realität ins Auge zu sehen und sich einzugestehen, überhaupt eine Essstörung zu haben.

Den wenigsten gelingt es, die Krankheit allein zu besiegen. Wenn du nach Unterstützung dabei suchst, kann es ein erster Schritt sein, dich an eine Beratungsstelle zu wenden. Hier in der Onlineberatung findest du Unterstützung – anonym und vertraulich.
Oder du wendest dich an das Frankfurter Zentrum für Essstörungen